Von Felix McCabe, Dropbox Revenue Enablement Manager
Wer erinnert sich an die Geschichte von Ikarus, dem Mann, der der Sonne zu nahe kam? Als Kind war das eine meiner Lieblingsgeschichten: die Geschichte eines Mannes und seines Sohnes, die auf einer Insel gefangen gehalten wurden und für ihre Flucht eine neue Technologie erfanden: Flügel aus Federn und Wachs. So konnte Ikarus aus seinem Inselgefängnis fliehen, aber da er zu nahe an die Sonne geflogen war, schmolzen seine Flügel und er stürzte ins Meer und ertrank.
Unser Held Ikarus war sich der Grenzen seiner neu entdeckten Technologie nicht bewusst. Tatsächlich ist das eine Geschichte, in der die Dinge immer schlimmer werden, und sein Übermut führte letztendlich zu seinem Untergang.
Als ich diese Geschichte vor Kurzem wieder einmal hörte, konnte ich viele Parallelen zur Remote-Arbeit im Zeitalter der Pandemie erkennen. Ähnlich wie Ikarus waren wir in Büros gefangen, in denen uns eine Kultur der zwanghaften Anwesenheit am Arbeitsplatz, man spricht auch von Präsentismus, gefangen hielt – bis wir durch die umfassende Verbreitung von Technologien wie Videokonferenztechnik und Cloud Computing in die Freiheit gelangten.
Leider könnte auch uns ein Schicksal ähnlich dem des Ikarus drohen, wenn wir nicht aus seinem abschreckenden Beispiel lernen.
Die Nachteile von Videokonferenzen
„Did you exchange a walk-on part in the war for a lead role in a cage?“ – diese berühmte Zeile (zu deutsch: Hast du eine Statistenrolle im Krieg gegen eine Hauptrolle in einem Käfig getauscht?) aus dem Klassiker „Wish You Were Here“ von Pink Floyd aus dem Jahr 1975 beschreibt perfekt die Grundzüge dessen, was aus uns geworden ist. Klar, wir haben die Freiheit zu arbeiten, wo immer wir wollen. Aber damit täuschen wir uns selbst. Wir haben unsere Büros gegen unsere Gästezimmer und Sofas eingetauscht: Wir haben von unseren Plätzen am Konferenztisch zu den kleinen Quadraten auf dem Laptop-Bildschirm gewechselt, in denen wir jetzt leben.
Von Rory Sutherland, dem britischen Werbefachmann und Vice Chairman von Ogilvy UK, stammt die scherzhafte Äußerung, dass Videokonferenzen als Technologie völlig falsch verkauft wurden. Es war das, was wir tun durften, weil unsere Unternehmen nicht wollten, dass wir in ein Flugzeug steigen. Wäre es vermarktet worden als die Art und Weise, wie Geschäftsführer Telefongespräche führten, hätte es etwas Erstrebenswertes sein können – „es hätte die British Telecom des reichen Mannes sein sollen, nicht British Airways des armen Mannes“.
Doch der Wandel in der modernen Arbeitswelt hat dazu geführt, dass Videokonferenzen schließlich ihren Platz im Mainstream gefunden haben. Der Tag unserer Vertriebsteams, mit denen ich arbeite, war zuvor mit persönlichen Meetings ausgefüllt. Jetzt ist er voll mit virtuellen Meetings. Von der Produktmarketingabteilung über das Customer-Success-Team bis hin zu uns im Bereich Sales Enablement: Alle wetteifern um einen wertvollen Teil der Aufmerksamkeit unserer Verkäufer.
Zoom-Müdigkeit hat eingesetzt.
Schlimmer noch: Neue und jüngere Vertriebsmitarbeiter profitieren nicht mehr von Telefonaten ihrer Kollegen, die sie mitbekommen, oder von Unterhaltungen zwischen Besprechungen. Sie lernen quasi nicht mehr „nebenbei“. Und das führt dazu, dass sie länger brauchen, um volle Produktivität zu erreichen.
Dieses Phänomen lässt sich am besten mit der „Vergessenskurve“ von Hermann Ebbinghaus erklären: Sie zeigt im Wesentlichen, wie schnell wir neue Informationen ohne gezieltes Üben oder Wiederholen im Laufe der Zeit vergessen.
Früher nahmen unsere Verkäufer Informationen wie durch Osmose auf, indem sie einfach mitbekamen, wie ihr Kollege ein schwieriges Kundengespräch führte, oder indem sie an der Kaffeemaschine eine Erfolgsstrategie besprachen. Diese Interaktionen waren spontan – hilfreich und kurz. Das Beste daran war: Es handelte sich nicht um geplante 30-minütige virtuelle Calls, mit einer Agenda und fünf Minuten voller Höflichkeiten, bei denen die nicht endenden Piepstöne der Sofortnachrichten die Aufmerksamkeit störten.
Sie kommen vom Regen in die Traufe – ähnlich wie Ikarus, der der Gefangenschaft entkommt und in den Tod stürzt.
Sie verstehen, was ich meine. Aber wie können wir dieses Problem lösen? Wie schaffen wir es, inmitten der Flut an Inhalten, mit denen unsere Verkäufer konfrontiert werden, deren Aufmerksamkeit zu gewinnen?
Die Antwort lautet: mit Technologie – aber vielleicht auf eine andere Art und Weise, als Sie denken.
Unser griechischer Held hätte schon in jungen Jahren wissen müssen, dass man sich verbrennt, wenn man mit dem Feuer spielt. Die Vergangenheit kann uns eine ganz besondere Perspektive auf die Gegenwart geben. Um es, noch viel besser, mit den unsterblichen Worten von Emmett L. Browne aus der Filmreihe Zurück in die Zukunft zu sagen: „Du musst vierdimensional denken!“ Wir müssen zu einer älteren Technologie zurückkehren.
Fernsehen ist die Antwort
Eine der populäreren Theorien darüber, wie unser Gehirn die Realität wahrnimmt, ist die Theorie aus „The Predictive Mind“ (im TED-Talk von Georg Keller anschaulich erklärt). Basierend auf dem, was es zuvor gesehen hat, erstellt und aktualisiert unser Gehirn im Grunde ständig Vorhersagen darüber, was passieren wird. Wir neigen dazu, auf Autopilot zu schalten, es sei denn, etwas Unvorhersehbares passiert.
Denken Sie jetzt an das letzte Mal, als Sie einen guten Horrorfilm gesehen haben. Die Hauptfigur geht durch ein dunkles, verlassenes Haus. Man kann die Stille fast hören. Es ist unheimlich. Plötzlich ertönt ein Geräusch ... und jetzt erhöht sich unsere Herzfrequenz gemeinsam mit der der Hauptfigur. Es ist schwer, nicht in diese Welt hineingezogen zu werden.
Wir bei Dropbox haben viel davon gelernt, wie Film und Fernsehen unsere Aufmerksamkeit erregen und halten. Und zwar so viel, dass wir einige dieser Techniken in die Art und Weise einfließen lassen, wie wir bei manchen unserer Sales-Enablement-Telefonkonferenzen für unsere Vertriebsteams auftreten. Hier sind einige Strategien, die wir getestet haben und die wirklich gut ankamen:
1. Bewegung und viel Energie
Zeichnen Sie hochwertige Einleitungen zu Ihrem Call auf: Bewegungen wie Gehen und gleichzeitiges Sprechen können Ihr Publikum wirklich aufwecken und Ihnen ihre Aufmerksamkeit sichern, während Sie die Atmosphäre bestimmen.
2. Grafiken
Temporäre Hinweise auf dem Bildschirm, wie zum Beispiel der Name und der Titel des Moderators, tragen wesentlich dazu bei, dass jeder weiß, wer spricht. Indem sie auf dem Bildschirm angezeigt werden und wieder verschwinden, funktionieren sie gleichzeitig als weiteres Element, das die Aufmerksamkeit der Teilnehmer hält.
3. Vorab-Aufzeichnungen
Der größte Geheimtipp des Rundfunks bestand schon immer darin, bestimmte Teile von Sendungen vorab aufzuzeichnen. Dies sorgt für Qualität, etwa bei einer Einleitung, gibt aber auch VIP-Moderatoren wie Firmen-VPs oder Kunden Sicherheit und einen gewissen Rahmen.
4. Live-Interaktion
Das Risiko einer Vorab-Aufzeichnung besteht darin, dass Ihr Publikum ignoriert wird, und genau das wollen wir vermeiden. Sie müssen also immer noch Standardtools für virtuelle Interaktionen einsetzen, wie z. B. Umfragen oder eine Frage-und-Antwort-Sitzung mit dem Publikum. Diese werden jetzt jedoch als Teil Ihrer neuen, qualitativ hochwertigen „Präsentation“ als innovativ angesehen.
Die „Vergessenskurve“ abflachen
Sicherlich stehen uns hier ein paar besondere Gimmicks zur Verfügung, wie eine Kamera in Broadcast-Qualität zum Aufzeichnen von Videos und ein Mischpult für den Live-Schnitt, die uns dabei helfen, all dies zusammenzubringen. Aber lassen Sie sich davon nicht abschrecken. Mit der Leistung einer heutigen Smartphone-Kamera, einer hervorragenden, kostenlosen Übertragungstechnologie (OBS Studio) und einem guten Multimedia-Tool für die Zusammenarbeit – wie Dropbox Replay – können auch Sie, mit geringen Vorabinvestitionen, diese Strategien für Ihr Publikum nachahmen. Versuchen Sie es!
Unsere Flügel sind gebaut und wir haben es geschafft zu fliegen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unsere Veranstaltungen bei Dropbox weiterzuentwickeln und zu verbessern (wo es sinnvoll ist) und unsere Engagement-Zahlen stützen dies. Dies gibt uns die Möglichkeit, unserer „Virtual-First“-Arbeitsweise ein neues Element hinzuzufügen. Zudem haben wir einen Prozess etabliert, indem wir einen optimierten Arbeitsablauf geschaffen haben, der dazu geführt hat, dass die Zeit, die in diese Enablement-Calls investiert wird, halbiert wurde. Der Aufwand hat sich also wirklich gelohnt. Und vielleicht halten wir dieses Mal Abstand zur Sonne.